Die Bahn wirbt ja damit, dass man prima in ihr arbeiten kann, so wäre die Fahrt zur Kundenpräsentation effektiv für die Arbeit nutzbar. Eine Kundenpräsentation stand nicht auf dem Programm, aber, dachte ich mir, der Weg ist das Ziel. So fuhr ich drei Tage hintereinander von Rendsburg nach Hamburg. Und wieder zurück. Und wieder hin. Insgesamt habe ich also 6 Regionalbahnfahrten pro Arbeitstag absolviert. Bahnfahren am Limit!
Ich sage mal so: Spannend war eigentlich nur die erste Fahrt. Die Tage sind relativ ähnlich verlaufen. Der Schaffner und ich kannten uns bald persönlich, das war schön. Unterschiede gab‘s da eigentlich nicht. Die einzige Entwicklung war nur, dass ich meine Arbeitszeiten den Hauptreisezeiten angepasst bzw. versucht habe, diese zu meiden, um in Ruhe arbeiten zu können. Daher bin ich morgens eine Stunde später losgefahren, so dass der Zug relativ leer war und statt den ganzen Berufspendlern und Schülern waren nur noch vereinzelt Leute auf Urlaubs- oder Heimreise im Zug.
Man kann es sich also tatsächlich so vorstellen, wie die Bahn es in der Werbung verspricht. Ich würde lediglich ein paar Details der Werbebotschaft hinzufügen, die kommen mir nach dem Experiment etwas zu kurz:
Ein ICE mag auf ruhigen Schienen über die Lande rauschen, die Regionalbahn ist dagegen eine buchstäbliche Rumpelkammer: Ein ständiges Ruckeln der Waggons schüttelt einen pausenloses durch. Die Fahrgäste sind in der Realität auch eher das Gegenteil des besonnen Süddeutsche-Zeitung-Lesers: Unentwegtes Geplapper und Kindergeschrei in Düsenjäger-Qualität schaden der Konzentration immens (auch wenn man versucht, alles um sich herum zu ignorieren, hört man doch immer wieder mit einem Ohr zu).
Auch wird die Berufsgenossenschaft wohl durchdrehen, wenn ich anfange, über die Ergonomie zu sprechen. Um halbwegs vernünftig arbeiten zu können, fehlt es entschieden an Platz. Das Arbeiten mit der Maus ist nahezu unmöglich bzw. nur auf dem Schoß machbar. Rückenschmerzen aufgrund unbequemer Sitze hatte ich schon am ersten Tag.
Dann kann man seine sieben Sachen nicht unbeaufsichtigt an seinem „Arbeits“-Platz lassen, um auf Toilette zu gehen. Bordbistro wäre mal schön gewesen, aber ich höre ja schon auf. Über Kommunikationsschwierigkeiten mit den Arbeitskollegen aufgrund fehlender oder schlechter Internetverbindung möchte ich nun gar nicht mehr reden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Arbeiten im Zug sehr anstrengend und für die Arbeit an sich eher kontraproduktiv ist. Wer das täglich machen muss, tut mir von Herzen leid. Nie habe ich mich mehr auf das Büro gefreut!
Gut, dass der Schaffner und ich jetzt per du sind, da kann er gleich ein Foto von mir machen.