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VJ giraffentoast betritt die Bühne

Vom VJ zur VR – immersive Erlebnisse im Wandel

Es kracht und zischt

Jung, ledig und den Kopf voller Bilder. giraffentoast war in den 2000er Jahren jedem Hamburger ein Begriff, der regelmäßig Konzerte und Clubs besuchte. Als Videojockeys (VJ), also als Videokünstler im Musikkontext, machten sich drei frischgebackene Designspezialisten als giraffentoast einen (merkwürdigen) Namen. Die Vorführtechnik war so analog wie einfach erklärt: Zwei* VHS-Videorecorder, ein Bildmischer und dann ab damit über den Beamer in den Club. Doch auch damals galt schon: Content is King. giraffentoast produzierte sämtliches Video-Material selbst in mühevoller Handarbeit und schuf sich damit einen ganz eigenen unverwechselbaren Stil. Im besten Fall entstand eine unvergessliche Verschmelzung aus einen begeisterten Publikum, einem ekstatischen Musik-Act und eben den treibenden Visuals.

Die Geburt des giraffentoast Den 17. August 2000 kann man als die Geburtsstunde von giraffentoast festlegen. Ort: Popkomm, Köln. Um 16 Uhr traten 3 Hochschulabsolventen an ihr Equipment und lieferten ihr bisher aufwendigstes Video-Set ihrer bis dahin überschaubaren Hobby-Video-Jockey-Karriere zu DJ Sets und Dendemann Live Performance.

„Haben Sie den Mut, auch Fehler zu machen und alles komplett in Frage zu stellen. Sehen Sie die Chance und nicht so sehr das Risiko.“ Thomas Middelhoff auf der Popkomm 2000 in Köln

Die Popkomm des Jahres 2000 fand in einer Zeit des Umbruchs statt. Die Musikindustrie alten Schlages sorgte sich um ihre Zukunft; illegale Downloads waren ein Massensport. Das Thema der Musikmesse lautete auch folgerichtig „Digitaler Alltag“, verbunden mit dem Aufruf an die Musikschaffenden, die Chancen der Digitalisierung zu ergreifen, anstatt sich vor den Risiken zu fürchten. Dass dieses Credo auch für unsere drei ambitionierten Analog-Videojockeys gelten sollte, konnten sie am 17. August 2000 noch nicht ahnen.

Hifind-Messestand Popkomm (Köln, 2000)

Philip Braun und Holger Markewitz-Peters
erinnern sich an die Gründung von giraffentoast

giraffentoast über den ersten Auftritt auf der Popkomm

Wer oder was ist ein „giraffentoast“?Das Coming-of-Age von giraffentoast fand statt mit dem gemeinsamen Studium im niederländischen Groningen und einer ersten Werkstatt in einem WG-Zimmer in Hamburg-Altona. Eine klassische „Garagengründung“, könnte man sagen; wobei Garagen in Hamburg nicht unbedingt günstig sind, wie man so hört. Mit „Hören“ hat dann auch der Name „giraffentoast“ etwas zu tun.

Das giraffentoast in jungen Jahren

Philip und Holger
wagen sich an Erinnerungen – und scheitern.

giraffentoast über Studium, erstes Büro und „giraffentoast“

Das Jahr 2000 war trotz Millenium-Hypes und New Economy noch 100% analog am VJ-Tisch. Nicht zuletzt, weil es das Footage in ausreichender Qualität nur als VHS zu haben war, es gab schlicht noch nicht genügend Speicher und Rechenleistung für die Verarbeitung am Markt. Das Video-Material wurde von giraffentoast selbst produziert und bearbeitet, um möglichst originellen Content anzubieten.

Technikfreunde aufgepasst!
So funktioniert das Heiligtum der Videojockeys (Panasonic WJ-MX50 vor 18 Jahren)

Philip und Holger offenbaren,
warum man zum Mixen drei Videorecorder brauchte statt zwei.

giraffentoast über das Technik-Setup eines VJs

Das erste giraffentoast
Headquarter

Schlafen und Arbeiten im Bahrenfelder Steindamm in Hamburg im Gründerjahr 2000

Der alte Traum vom neuen, selbstbestimmten Leben Das Manifest zur zeitgemäßen Arbeit „Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder intelligentes Leben jenseits der Festanstellung“ von Holm Friebe und Sascha Lobo erschien zwar erst sechs Jahre später, aber erste Anzeichen von neuen, alternativen Arbeitsweisen jenseits vom Nine-to-Five-Job zeichneten sich bei giraffentoast schon im Jahr 2000 ab: Die Vernetzung von jungen Kreativen, damit einhergehend die Verschmelzung von Arbeit und Freizeit, von Arbeitstagen und Wochenenden. Das Schreckgespenst der Gewerkschaft.

“From: Disco To: Disco” Whirlpool Productions, 1996

In den hoffnungsvollen Jahren der Jahrtausendwende war „das aber auch ganz natürlich“ aus Sicht von Philip.

giraffentoast worked hard & played hard (Playstation, Washington-Bar)

Philip und Holger über unzählige Stunden im ersten Büro

Wie erzeugt man eine Woge der Begeisterung? Nach ihrem Berufswunsch gefragt, würden heute unzählige junge Leute „YouTuber“ angeben. Diese Alleinunterhalter füllen aktuell nicht nur sehr erfolgreiche Videokanäle sondern auch riesige Hallen, um sich von ihren Fans feiern zu lassen. Im Jahr 2000 wurde dieser Ruhm noch exklusiv Musikern und DJs zuteil; der VJ stand eher nicht im Rampenlicht, war jedoch ein essenzieller Teil des, heute würde man sagen „immersiven“ Konzert-Erlebnisses – sofern das Zusammenspiel zwischen Musikern, Publikum und Video-Performance miteinander verschmelzen konnte.

Mit ordentlich Wumms!

LOUD (Bremen, Pier2, 2004)

Holger verrät, dass das gefeierte VJ-Set
für Mogwai eigentlich für Blumfeld konzipiert wurde

giraffentoast über die Faszination des VJing

Nach sechs Jahren Vollgas die Abfahrt nehmen Nach Auftritten auf VIVA Zwei (Funki Porcini Mix), dem Sonne Mond und Sterne, Fusion, Melt, FIB Benicassim (ESP), Noorderzon (Groningen, NL), und vielen anderen war es Zeit für eine Veränderung.

Ein Zitat, das wohl jeder Hamburger kennt, der sich im Jahr 2000 als jung bezeichnen konnte, stammt von Frank Giering als Floyd in dem Hamburger Kultfilm „Absolute Giganten“ von 1999:

„Weißt du was ich manchmal denke? Es müsste immer Musik da sein. Bei allem, was du machst. Und wenn‘s so richtig scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo es am Allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.“ Absolute Giganten

Der Film handelt von Abschied und dem Festhalten von Erinnerungen. Für giraffentoast bedeutete das Jahr 2006, also sechs Jahre nach der Gründung, einen großen Umbruch: Die Konzerte und die Musik wurden nach dem Pomp der Jahrtausendwende minimalistischer und damit auch die Licht-Show: Das VJing hatte den Zenit überschritten.

Schöne Aussichten von der VJ Kanzel des Melt Festivals.

Philip und Holger nehmen Abschied vom VJing
und spulen die besten Erlebnisse noch mal zurück.

giraffentoast über die letzten VJ-Auftritte

Zellteilung

Das giraffentoast-Büro in Berlin-Kreuzberg

Das giraffentoast-Büro im Hamburger Schanzenviertel

giraffentoast hoch zwei Das Jahr 2006 bedeutete keineswegs das Ende von giraffentoast, sondern einen vielversprechenden Neuanfang. Jedoch nicht ohne grundlegende Veränderungen: Holger baute ein Grafik- und Web-Design-Büro in Hamburg auf und Philip, eher aus privaten Gründen, nach Berlin, um Hauptstadtluft und neue Inspiration zu schnuppern, um sich voll und ganz den Motion Graphics zu widmen. Der gemeinsame Name blieb bis heute erhalten, da wir giraffentoast als Idee verstehen, die in Hamburg wie in Berlin gleichermaßen gelebt wird.

Philip über
giraffentoast als Idee

giraffentoast über neue Wege in Berlin

Wir spulen ein wenig vorDie Zeit als Doppel-Agentur in Hamburg und Berlin ist mittlerweile genauso lang wie es die wilden VJ-Jahre waren – und nicht ärmer an großartigen Erlebnissen und spannenden Herausforderungen. Vielleicht berichten wir darüber im Jahr 2036 einmal.

„Pure Vernunft darf niemals siegen“ Tocotronic, 2005

Wer weiß, was die nächsten 18 Jahre bringen? Gewiss wird es viele Unwägbarkeiten und bestimmt auch kritische Situationen geben. Ein wichtiger Faktor der Idee „giraffentoast“ ist die Neugier und die Flexibilität, schon mal gute Voraussetzungen für die Reise ins Jahr 2036.

Philip und Holger
blicken zuversichtlich in die Zukunft

giraffentoast über die nächsten 18 Jahre

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