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Die letzte Videothek der Welt

Netflix killed the Movie-Star

See what's next. Netflix ist vielen Internetnutzern auch in Deutschland seit 2014 ein Begriff, dabei existiert das US-amerikanische Unternehmen bereits seit 21 Jahren. Netflix startete 1997 als Online-Videothek, d.h. man verschickte DVDs per Post an eingetragene Nutzer, die sich die Filme vorher online auf der Netflix-Website aussuchen konnten. Das bedeutete schon mal eine ordentliche Steigerung von Effizienz durch Online-Unterstützung als Ergänzung zum physischen Geschäft. Diese wurde 1999 noch einmal gesteigert, in dem ein Abonnement-Modell eingeführt wurde, bei dem unbegrenzt DVDs zu einem geringen monatlichen Festpreis bezogen werden konnten. Wir wollen uns noch mal in diese Zeit hineinversetzen und besuchen Kilian Krause vom Filmgarten in Hamburg, einer der letzten Videotheken überhaupt.

Älter als giraffentoast (18): Netflix (21)

Warum gibt es überhaupt noch Videotheken?

Kilian über den Filmgarten

Die digitale Revolution frisst ihre DVDs Indes wird die Anzahl der real verleihbaren Kopien begrenzt gewesen sein; steigende Nutzerzahlen erzeugten also nicht unbedingt einen positiven Netzwerkeffekt. 2007 war es dann soweit und Netflix brachte das Streaming-Angebot auf den Markt, das sich in den Folgejahren durchsetzen musste, in dem erst die Spielkonsolen, dann auch die Fernseher mit dem Internet verbunden wurden. Als Streaming-Portal konnte Netflix vom Long Tail profitieren, in dem sich auch abseitige Filme für jede Nische anbieten lassen, da, im Gegensatz zur Videothek, unendlich viel Platz in den virtuellen Regalen herrscht. Jedenfalls in der Marketing-Theorie. Die Praxis sieht das ganz anders aus: 2010 konnten Netflix-Abonnenten noch auf rund 6.800 Titel zurückgreifen, heute sind es nur noch um die 4.000 Filme. Da hat unser Filmgarten mehr.

Vielfalt statt Masse

Kilian über die Daseinsberechtigung der Videothek

Wenn Sie bei „Esel“ an Download denkenHätte man in den 2000er Jahren die Leute gefragt, wie können wir die Videotheken noch besser machen, was die Videotheken sicherlich gefragt haben werden, wäre die Antwort vielleicht „Popcorn-Maschine“ gewesen. Die kam dann auch, und noch viel mehr Quatsch. Geholfen hat es den Videotheken nicht. Die Frage war nämlich falsch, die richtige Frage wäre die gewesen: Wie wollt ihr eure Filme ausleihen? Man brauchte vor 18 Jahren kein Internet-Fuchs sein, um sich regelmäßig und dazu noch kostenlos mit frischem Material zu versorgen, illegale Downloads von allen nur denkbaren Filmen waren mit wenigen Klicks heruntergeladen.

Popcornmaschine. Hat die Videotheken nicht gerettet.

Schnurkram

Kilian über die Goldenen Jahren der Videotheken

Die rosige Zukunft des BlockbustersBerühmt wurde die Netflix-Plattform schließlich weltweit durch die selbst produzierten, preisgekrönten Serien wie „House of Cards“ oder „Orange Is the New Black“. Möglich wird die Eigenproduktion solcher immens teuren Projekte durch die stetig wachsende Zahl von zahlenden Abonnenten, derzeit sind es weltweit 104 Millionen. Diese bescherten Netflix einen Umsatz von 8,83 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016. Hier sehen wir ein Beispiel für den indirekten Netzwerkeffekt: Durch die wachsende Zahl der Abonnenten entsteht Kapital für neue Serien, die wiederum neue Nutzer anlocken, die neues Kapital bereitstellen, von dem nebenbei auch alle Beteiligten an einer Serienproduktion profitieren. Alle Beteiligten? Der europäische Film dagegen lebt noch nach alter Väter Sitte von der althergebrachten Wertschöpfung aus Filmförderung, Kino- und DVD-Erlösen – und nebenbei von der Wertschätzung der haptischen Kopie. Erste europäische Streaming-Produktionen sind derzeit noch in einer experimentellen Phase.

Eine leere VHS-Kassette kostete in den 70ern rund 50,- DM

Ein Plädoyer für das künstlerische Gesamtwerk

Kilian über Wertschöpfung und -schätzung

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